Der Fall des ungesunden Triathleten

26 October, 2018

Der Fall des ungesunden Triathleten

Du trainierst hart, ernährst dich vernünftig und hast genügend Medaillen, um einen Ritter eifersüchtig zu machen. Aber bist du gesundheitlich auch auf Top-Niveau?

von Jordan Blanco

Als Triathlet wird dich dein Training sehr wahrscheinlich in guter körperlicher Verfassung halten, richtig? Das habe ich zumindest immer angenommen.

Zehn Jahre lang habe ich bei meinem Hausarzt den jährlichen medizinischen Check-up geschwänzt, ich habe schließlich hart trainiert und mich gesund ernährt. In den letzten paar Jahren habe ich einen Rückgang meiner Leistungsfähigkeit auf dem Rad und langsamere Laufzeiten mit meinem zunehmenden Alter abgetan. Immerhin bin ich in den 40ern! Ich habe noch ein paar andere Erklärungen für meinen Leistungsrückgang aus der Schublade gezaubert: Stress in der Arbeit, weniger qualitativ hochwertiges Training, nicht genügend Laufkilometer, schlecht getaktetes Tapering, nicht hart genug trainiert und so weiter. Ich bin gut in sowas.

Nachdem ich mich monatelang nicht ganz auf der Höhe gefühlt hatte, drängte mich ein Freund dazu ein paar Bluttests zu machen. Ich war ziemlich erleichtert, aber auch frustriert, als festgestellt wurde, dass alles in Ordnung war. Ich fühlte mich nicht “in Ordnung”, wenn ich radelte oder rannte. Zumindest fühlte ich mich nicht so wie früher - war das nun also mein neues „in Ordnung”?

Es ist so, dass die Spanne für das, was „normal” ist, bei den meisten Bluttests ziemlich weit gefasst ist. Während es für jemanden, der ein gemütliches Leben führt, vielleicht okay ist am unteren Ende der normalen Range zu sein, ist das für Athleten, die darauf hoffen einen Triathlon-Wettkampf möglichst schnell zu absolvieren, ein ziemlich suboptimaler Zustand. Ich bin kein Arzt, aber das ist, was ich von Ärzten darüber gelernt habe, wie man als Amateur-Triathlet den optimalen Gesundheitszustand findet.

Gehe jedes Jahr zum Check-up

Inzwischen ist mir klar, dass ich die jährliche Untersuchung nicht ausfallen lassen hätte sollen. Die Fragen und Tests hätten ein früher Indikator meines sogenannten Niedergangs sein können. Dr. Kiki Silver, MD, vom Boulder Peak Health PC, empfiehlt die folgenden physischen Tests für den jährlichen Check-up eines Ausdauersportlers: „Zuerst überprüfe ich die Vitalfunktionen des Patienten - Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffniveau. Darüber hinaus mache ich gern eine Hautuntersuchung, besonders, wenn der Athlet viel Zeit draußen verbringt. Zudem sind bei mir Herz-, Lungen- und Unterleibs-Untersuchungen Teil eines jeden Check-ups.” Dr. Silver erklärt, dass sie auf kleinste Abweichungen des Herzschlags hört, da sie ein Zeichen für Blutarmut, Schilddrüsen- oder Herzklappenprobleme sein können. Bei der Lungenuntersuchung achtet sie auf Zeichen “belastungs-induzierten” Athmas.

Der Vorteil einer jährlichen körperlichen Untersuchung ist, dass man so die Möglichkeit hat, präventive Untersuchungen bei denjenigen durchzuführen, die zu Risikogruppen gehören. Bei Frauen könnten das Pap-Abstriche und Brustuntersuchungen sein, bei Männern Hodenkrebs-Untersuchungen.

Grundlegendes zu Bluttests

Ich bin ein Datenjunkie, der seine Herzfrequenz, Wattleistung auf dem Rad und die Laufgeschwindigkeit bei fast allen Trainings aufzeichnet. Ich mache das seit vielen Jahren. Was meine Gesundheit betrifft, war jedoch das einzige, was ich regelmäßig kontrolliert habe, mein Gewicht. Ich war überrascht zu erfahren, dass schon die einfachsten Bluttests bei einem Arztbesuch ein Frühindikator für meine sich mit der Zeit verschlechternde Gesundheit hätten sein können

Rehal Bhojani, M.D., FAAFP, CAQSM, hat eine Zusatzausbildung in der Sportmedizin und arbeitet mit dem Memorial Hermann IRONMAN Sports Medicine Institute zusammen. Er ist Medizinischer Leiter des Sports Medicine Outrach Programms am Memorial Hermann Sugar Land Hospital. Bhojani sagt, dass es ratsam sei beim nächsten Arztbesuch umfangreiche Labortests durchführen zu  lassen, wenn man sich schwer tut seine Ziele zu erreichen. Er empfiehlt zudem, ein Blutbild erstellen sowie die Insulinwerte, Leber- und Nierenfunktion überprüfen zu lassen und auch die Werte von Eisen, B12, Folsäure, Vitamin D und Entzündungsmarkern.

Dr. Silver ist der gleichen Meinung und betont, dass ein großes Blutbild dabei helfen kann Anämie und andere Anzeichen für Übertraining aufzuzeigen. Sie macht auch gerne zusätzlich noch bestimmte Schilddrüsen-Untersuchungen, da der durch das Ausdauertraining erhöhte Stresslevel die normale Schilddrüsenfunktione beeinflussen kann.

Die eigenen Testlevel über einige Zeit zu verfolgen hilft sehr dabei zu verstehen wie der Körper auf Training reagiert und sicherzustellen, dass er die zugeführten Nährstoffe auch aufnimmt, damit du fit und gesund bleibst.

Wenn du dich nicht auf der Höhe fühlst, könntest du richtig liegen 

Der beste Rat, den ich kürzlich von einem Arzt bekommen habe, war „wenn du dich nicht wie du selbst fühlst, hat das vermutlich einen Grund.” Athleten schreiben neue Symptome oft dem Training oder Stress im Alltag zu, genau wie ich es getan habe. Mein nachlassendes Leistungsvermögen äußerte sich darin, dass ich nicht einmal mehr einen Kilometer in meinem normalen Tempo laufen konnte!

Dr. Silver rät Patienten sich untersuchen zu lassen, wenn es irgendwelche Abweichungen vom Normalzustand gibt: „Ob das nun erhöhtes Müdigkeitsgefühl ist, Schlafstörungen, nächtliches Schwitzen oder Gewichtszu- oder -abnahme – wirklich jedes neue Symptom sollte man anschauen lassen”, sagt sie. Sie betont wie wichtig es ist, neue Symptome nicht darauf zu schieben, dass man gerade „viel um die Ohren” hat, oder auf das zunehmende Alter, da sie Hinweise auf vorliegende Erkrankungen sein können.

Als Athleten gehen wir davon aus, dass wir gesund bleiben. Die Ärzte, mit denen ich gesprochen habe, sehen das genauso und wiesen auf ein paar einfache Verhaltensregeln hin, mit denen sich die meisten Ausdauersportler dauerhaft großartig fühlen werden. 

Dr. Bhojani sagt, dass gesunde Ernährung und genügend Erholungsphasen zwischen fordernden Trainings wichtig sind, während Dr. Silver hinzufügt, dass Schlaf, funktionelles Krafttraining und Massagen Schlüsselfaktoren sind. Beide sind sich aber einig, dass das vermutlich Wichtigste ist, sich in Training und Wettkampf realistische Ziele zu setzen, die zu den jeweiligen Alltags-Prioritäten passen. Arbeit, Familie und Training sind alles Stressfaktoren, die man in Balance halten muss, um gesund zu bleiben.

Jordan Blanco ist Triathlethin und Autorin und lebt in San Francisco.