Bringe Bestleistung in jedem Alter

30 January, 2018

Bringe Bestleistung in jedem Alter

Egal ob du Millenial oder Baby Boomer bist – hier erfährst du, wie du am effektivsten trainierst, regenerierst und lebst.

von Luke Yates 

Wenn du jemals an der Ziellinie eines Triathlon gestanden bist, hast du mit eigenen Augen gesehen, dass Jugend keine Voraussetzung dafür ist, Spaß an – oder Erfolg in – diesem Sport zu haben. Obwohl Alter ein Hindernis sein könnte, wenn es um Belastbarkeit, Geschwindigkeit oder Verletzungsvermeidung geht, hat das Alter Athleten wie Lew Hollander und Schwester Madonna Buder nicht davon abgehalten, auch noch mit über 80 Jahren IRONMAN-Rennen zu bestreiten – und zu finishen.

Aber genau wie sich in den Wechselzonen verschiedene Formen, Größen und Altersgruppen tummeln, ist auch der Triathlon als solcher kein Sport, der nach dem Prinzip „ein Ansatz für alle” funktioniert. Die Beine und die Lunge eines 25-Jährigen arbeiten anders als die eines 50-Jährigen. Obwohl sie einen ähnlich sportlichen Lebensstil pflegen, muss sich im Ausdauersport ein 30-Jähriger ganz anderen Herausforderungen stellen als ein 60-Jähriger.

Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, welche einzigartigen Stärken, Schwächen und Herausforderungen jedes Lebensjahrzehnt bezüglich deiner Lieblingssportart mit sich bringen könnte, haben wir mit vier Triathlon-Coaches gesprochen, die selbst mit dem Triathlon in verschiedenen Lebensabschnitten begonnen haben und nun Athleten aller Altersstufen betreuen.

Erfahre hier, wie Triathlon in jedem Alter gelingt. 

Teenager und Twens

→ Das ist Sache

Viele Triathleten beginnen in ihren 20ern mit dem Sport. Obwohl sie von verschiedenen sportlichen Hintergründen zum Triathlon kommen, ist das Ziel in den ersten Jahren grundsätzlich meist das gleiche: unabhängig von der Erfahrung ist diese die wichtigste Zeit, um eine gute Form zu entwickeln.

„Es geht darum, sich bewusst zu machen wie du dich bewegst und die Fähigkeit zur Bewegung aus einem stabilen Rumpf heraus zu entwickeln“, sagt der sechsmalige IRONMAN-Weltmeister und Coach Mark Allen.

Das Ergebnis dieser Fokussierung ist, dass die Ausdauer besser wird und der Körper effizienter arbeitet.

Matt Dixon, Cheftrainer von Purplepatch Fitness, arbeitet nach dem Ansatz „der Athlet als Künstler”. Das heißt, Techniken fürs Freiwasserschwimmen erlernen, Kurven- und bei verschiedenen Windverhältnissen fahren üben und verstehen, wie man beim Laufen Haltung bewahrt und mit unterschiedlichem Terrain zurechtkommt.

Lance Watson stimmt diesem Ansatz zu: „Ein junger Athlet sollte sich mehr darauf konzentrieren, seine Fähigkeiten zu entwickeln als seine Energiesysteme, mit einem größeren Fokus auf dynamischer Bewegung“, sagt er.

Watson, Cheftrainer bei Lifesport Coaching, glaubt, dass es drei Schlüsselphasen in der Entwicklung von Athleten gibt. Lernen wie man trainiert, lernen wie man Rennen gestaltet und lernen wie man gewinnt. Die 20er sind dazu da zu lernen, wie man trainiert und um gute Eigenschaften wie Zeitmanagement und Regeneration auszubilden. Dixon fügt dieser Liste noch Schlaf und Ernährung hinzu. 

→ Achtung

Etwas, das man laut Allen berücksichtigen muss, ist, dass „junge Menschen generell sehr enthusiastisch sind und die ganze Zeit Druck machen möchten.“ Dave Scott, ebenfalls sechsmaliger IRONMAN-Weltmeister, führt weiter aus: „Wenn die jungen Leute dauernd hohe Umfänge trainieren, wird ihr Bindegewebe sehr verletzungsanfällig. Das kann dazu führen, dass sie auf einmal Sehnenscheidenprobleme oder eine Entzündung bekommen.“

Triathleten neigen in jedem Alter zu Übertraining und zwanghaften Verhalten, aber in den 20ern kann dies besonders zu einem Problem werden. In diesem Alter ist es wichtig, mit der Trainingsentwicklung langsam zu machen und zu verstehen, dass Einheiten sich eben auch einmal nicht hart anfühlen. Außerdem ist das die Phase im Leben, in der Athleten – egal wie ambitioniert sie sind – ab und zu die Regeln brechen und ein Bierchen oder zwei trinken sollten. Genießt den schnellen Stoffwechsel solange ihr ihn noch habt!

Die 30er

→  Das ist Sache 

In diesem Lebensjahrzehnt haben viele Triathleten ihren Leistungshöhepunkt. Durch die vorangegangenen Trainingsjahre ist die Ausdauer gut ausgeprägt und die Kraft ist so groß wie nie.

„Wenn man es richtig macht, dann hat man jetzt den Leistungshöhepunkt erreicht. Jetzt kann auch die bisher erarbeitete Kraft noch einmal zunehmen“, sagt Scott.

Das Ziel sollte es nun sein, die Form zu festigen. Laut Dixon ist dies die Zeit für spezifische Einheiten. Das heißt, dass man sich mit lockeren aeroben Einheiten abfinden muss, aber wenn harte Einheiten auf dem Plan stehen, dann sollten sie richtig hart sein. Diese Extreme sind typisch für effektives Training in diesem Lebensabschnitt.

Schwimmen ist die Disziplin, in der man weniger Ruhetage braucht, sagen Dixon und Scott. Von harten Schwimmeinheiten erholt man sich leichter als von harten Einheiten auf dem Rad oder beim laufen und die Schwimmtechnik muss über lange Zeit gehalten werden.

Athleten in diesem Alter haben gelernt wie man trainiert und gehen jetzt direkt dazu über zu lernen, wie man Wettkämpfe gestaltet oder auch wie man sie gewinnt. Der Athlet ist nun reifer und hat triathlonspezifische Fähigkeiten entwickelt. Nun kann an der mentalen Stärke gearbeitet werden. 

„Athleten in diesem Alter haben etwas mehr Erfahrung und Selbstvertrauen auf der Rennstrecke“, sagt Watson. „Im Grunde ist ihre sportliche Intelligenz auf einem anderen Niveau.“

→  Achtung

Scott glaubt, dass Athleten in ihren 30er sich mehr auf ihre Flexibilität konzentrieren sollten. Allen sagt, dass Athleten mit zunehmendem Alter unbedingt Krafttraining machen sollten. „Es ist wichtig für die Rennleistung und eine stetige Weiterentwicklung“, fügt er hinzu. 

Aber die größte Herausforderung ist die Zeiteinteilung für einen Athleten in diesem Lebensjahrzehnt – denn meist hat er neben dem Sport auch einen Job und eine Familie. „Wenn du auf die 30 zugehst, dann ist ein typischer Fallstrick, dass du die Denkweise eines 20-Jährigen beibehältst. Du glaubst, dass du unverwundbar und endlos belastbar bist, vergisst dabei den Stress der anderen Lebensbereiche und setzt das Training einfach noch obendrauf “, sagt Dixon.

Die 40er

→  Das ist Sache

Viele Athleten halten ihre Topform bis weit in die 40er. Die Geschwindigkeit nimmt zwar ab, aber die Ausdauer bleibt erhalten. Man wird also vielleicht langsamer bei den 800er-Intervallen auf der Bahn, aber in langen Ausdauereinheiten bringt man noch fast die Leistung, die man früher gebracht hat. Es bedarf vieler Jahre kontinuierlichen Trainings, um eine starke aerobe Grundlage zu schaffen, und die verschwindet nicht von heute auf morgen. Kombiniere diese Ausdauer mit hart verdienter mentaler Erfahrung und es ist nicht schwer zu verstehen, warum Triathlon-Agegrouper in den 40ern extrem wettbewerbsfähig sind.

Watson zufolge ist der Vorteil von Athleten in diesem Lebensjahrzehnt, dass sie Trainingsmethodiken besser verstehen und mehr Expertise haben. Sie erkennen den Wert strukturierten Trainings, vertrauen ihrem Coach und glauben an dessen Pläne. So können sie richtig trainieren, periodisieren und bleiben hoffentlich gesund.

In diesem Alter muss das Training sorgfältig geplant werden und Schlüsseleinheiten sollten im Fokus stehen. Dazu noch ein paar strukturierte Tempoeinheiten, dann können Trainings für den Formerhalt und andere Extra-Einheiten weggelassen werden. Alles, was nur dazu dient, die Umfänge zu erhöhen und Einheiten im unteren anaeroben Bereich sind belastend und sollten vermieden werden.

→ Achtung 

All das heißt nicht, dass Agegrouper in den 40ern sich um nichts Gedanken zu machen brauchen.

„Wenn du einen leistungsstarken Athleten in den späten 30ern betreust, kann er, wenn er gesund bleibt, noch bis in die frühen 40er auf einem hohen Niveau Wettkämpfe bestreiten. Aber oft gibt es eben diese eine große Verletzung, nach der es unglaublich schwer ist, wieder auf das gleiche hohe Niveau zu kommen“, sagt Watson.

Verletzung ist ein großes Risiko, wenn harte Einheiten zu oft absolviert werden, da die Schlafqualität sich verschlechtert und die Gelenkbeweglichkeit abnimmt. Oft wird zugunsten der Trainingszeit, des Jobs oder für die Familie, die Regeneration verkürzt. „Typischerweise hat man in den 40ern noch genauso viel wenn nicht mehr Alltagsstress“, sagt Dixon.

Die Kraft sollte in den 40ern weiter entwickelt werden. Sie lässt sich nicht länger nur durch Schwimmen, Radfahren und Laufen erhalten, deshalb sind ein paar Krafteinheiten im Fitnessstudio essenziell. Diese sollten Übungen mit schweren Gewichten wie Kniebeugen oder Deadlifts beinhalten, aber auch kontinuierliches Beweglichkeitstraining. Jetzt ist es auch wichtig, der Ernährung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dixon zufolge arbeitet die Verdauung von Athleten in den 40ern nicht mehr so effizient, deshalb werden Timing und Zusammensetzung der Mahlzeiten wichtig, um die Regeneration und das allgemeine Wohlbefinden zu unterstützen.

Alle Trainer sagen, dass es wichtig ist, im Leben die Balance zu halten und sich regelmäßig Zeit für die Familie zu nehmen. Vielleicht gibt es ja sogar die Möglichkeit, sie in Training und Rennen einzubinden, zum Beispiel mit Familienradtouren, Schwimmausflügen oder Junioren-Rennen – je nachdem, wie alt der Nachwuchs ist.

Die 50er

→ Das ist Sache

Kommt man in die 50er, haben die Athleten meist wieder mehr Zeit für sich. Normalerweise sind die Kinder selbstständiger und man hat mehr freie Zeit zur Verfügung. Im Job können Führungspositionen fordernd sein, aber sie bieten oft auch mehr Flexibilität. Das ist eine Chance, um besser zu werden. Aber dabei muss man vorsichtig vorgehen. 

„Vorher lag der Fokus auf Schwimmen, Radfahren und Laufen, Krafttraining war Beiwerk. In den 50ern und 60ern sollten sie einen gleichberechtigten Anteil haben. Man muss es einfach machen“, sagt Dixon.

Das Timing für harte Belastungen sollte mit mehr aerobem Training als jemals zuvor kontrolliert werden. „[Es sollte] mehr Betonung auf Ausdauerarbeit liegen. Und auch der Regeneration und wie die Woche strukturiert ist sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden”, sagt Watson.

Für Athleten in dieser Altersgruppe plant Watson sogenannte „Superman Blocks“ ein. Das sind sehr genau dosierte harte Belastungen zu einem Zeitpunkt in der Saison, wenn danach der Regeneration Prioriät eingeräumt werden kann.

 → Achtung

Eine Schwäche, die Scott oft auffällt, sind die im Alter zunehmenden muskulären Dysbalancen. Der dominante Muskel wird noch dominanter, kontrolliert die Bewegung und erhöht das Verletzungsrisiko. Außerdem wird Osteoporose aufgrund von hormonellen Veränderungen und generell zunehmendem Alter ein Thema, besonders für Frauen. Beidem kann durch Arbeit mit Gewichten und spezifischen Mobilitätsübungen entgegen gewirkt werden.

„Generell wird man mit zunehmendem Alter weniger flexibel, weshalb man härter arbeiten muss, um das gleiche Tempo halten zu können“, ergänzt Allen. 

Es ist wichtig, dass man in keinem Alter überzieht, aber besonders offensichtlich wird dies in den 50ern. Realistisch in puncto Regeneration zu sein bedeutet, dass man nach Wettkämpfen mehr Zeit zur Erholung braucht und seine Saison entsprechend planen muss. Das kann bedeuten, dass man [kurze Distanzen] mit einbaut oder dass man die Saison verlängert, indem man in verschiedene Länder reist, wo Rennen zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr stattfinden.

Die 60er, 70er und darüber

→ Das ist Sache

In den 60ern denken viele Leute darüber nach in Rente zu gehen. Dadurch haben sie deutlich mehr Freizeit und ansatt sich auf die Einschränkungen zu konzentrieren, fordert Scott seine Athleten lieber.

„Hast du dieses jemals gemacht? Hast du jenes jemals gemacht? Ok, dann fangen wir mal an. Man kann sich extrem verbessern“, sagt Scott.

Die Zeiten mögen langsamer werden und die Maximalgeschwindigkeit fallen, aber es gibt immer noch Spielraum, um sich von den Mitbewerbern abzusetzen. Das Wichtigste für Scott und Allen ist, einzubeziehen, dass Athleten mit zunehmendem Alter an Kraft und Beweglickeit der Gelenke und der kleinen Muskelgruppen einbüßen können. Aber das muss nicht unbedingt so sein.

„Muskel- und Sehnelastizität verringert sich, weil der Wassergehalt niedriger ist. Wenn man nicht mobil genug ist, kann man die Muskulatur nicht voll fordern“, sagt Scott. Die größeren Muskelgruppen lassen sich mit dem richtigen Training leichter erhalten, deshalb ist es wichtig, sich bewusst zu machen, wie diese kleineren Muskelgruppen die Form beeinflussen. Allen ergänzt, dass „die Leute in den Waden Kraft einbüßen. Wenn man älteren Menschen beim Gehen zuschaut, sieht das oft so aus als würden sie auf Blöcken laufen.“

Um die Mobilität zu erhöhen, empfehlen sich Yoga und Pilates, regelmäßiges Stretchen oder auch Tanzen. Diese Aktivitäten in den Trainingsplan einzubauen, egal wann, kann enorm hilfreich sein und die Leistung verbessern. Und auch Kraftübungen mit Gegengewicht sind weiterhin essenziell. So erhält man die größeren Muskeln und diese wiederum unterstützen die Körperhaltung, erhöhen die Rumpfstabilität und verringern das Osteoporose-Risiko. 

„Hat man einmal begonnen daran zu arbeiten, werden die kleineren Muskeln, die bis dato geschlummert haben, reaktiviert“, sagt Scott.

→ Achtung

Weil Laufen den Körper am meisten belastet verringern sich Laufumfänge und –häufigkeit mit zunehmendem Alter. Watson passt das Training an, indem mehr Rad gefahren wird, da dabei das eigene Körpergewicht nicht getragen werden muss und die Stoßbelastung gering ist.

Wenn Laufeinheiten auf dem Plan stehen, argumentiert Dixon, dass sie gut strukturiert sein müssen, mit Intervallen und Gehpausen. „Ich mag es nicht, wenn ältere Athleten einfach vor sich hinschlurfen. Ich setze lieber nur qualitativ hochwertige Einheiten auf den Plan, mit denen wir gezielt an der Form arbeiten.“

Beim Schwimmen können die Intensitäten weiterhin hoch bleiben. Die Ausdauer, die durch harte Einheiten im Becken aufgebaut wird, lässt sich in jedem Alter gut in die anderen beiden Disziplinen übertragen, sagt Dixon. Außerdem erlaubt es älteren Athleten, anaerobe Belastungen auf schonendere Weise als beim Laufen beizubehalten. 

Wenn du das nächste Mal an einer Startlinie stehst, schau dich um. Jeder Athlet ist einzigartig und hat seine ganz persönliche Geschichte, seine Stärken, Ängste und Schwächen. Aber ihr habt auch so viel gemeinsam. Die meisten Menschen sehen sich den gleichen Herausforderungen gegenüber, versuchen, das Training in einen vollen Terminkalender zu packen während sie gleichzeitig daran arbeiten, ein besserer Athlet und Mensch zu werden.

Also sei stolz auf dich. Du machst das großartig und Triathlon-Training ist nicht einfach. Aber hoffentlich werden diese Tipps von einigen der besten Coaches diesen Prozess noch ein bisschen leichter machen. Egal ob es um besseres Zeitmanagement geht oder um mehr Trainingsfokus, um neue Aktivitäten oder darum, gesund zu bleiben. Mach es, pass auf dich auf und habe vor allem Spaß. Du packst das schon.

Luke Yates ist Abenteurer, Triathlet und Journalist.